Die Fahrt in den Süden, entlang der Ostküste Italiens

Die Küste bis zum Sporn des Stiefels soll langweilig, uninteressant und anstrengend sein, wurde uns gesagt. Fahrt so schnell wie möglich durch oder segelt über Kroatien. Es gibt auch kaum nautische Unterlagen für diesen Teil Italiens. Auch wir möchten schnell in den Süden, haben aber vor, trotzdem dies und das anzuschauen und uns auf die Gewässer und Orte einzulassen. Ravenna werden wir nicht wie geplant, anlaufen. Zurzeit ist man dort mit dem Bewältigen der Unwetterschäden beschäftigt. Schade, soll eine großartige Stadt sein. 

Wir hangeln uns von Marina zu Marina, Ankermöglichkeiten gibt es keine. Die See ist flach, oft haben wir nur ein paar Meter Wasser unter dem Kiel. Die Häfen und die Einfahrten sind teilweise versandet und weisen eine geringe Tiefe auf. Die LADY ALEXA hat einen Tiefgang von 1.65 m, das ist gut, aber trotzdem müssen wir uns weiterhin mit der Tide auseinandersetzen. Der Tidenhub beträgt hier 0.8 bis 1m.

Die Adria ist trüb und braun, das mag zum Teil an den Unwettern liegen. Beim Segeln müssen wir auf Schwemmgut aus den Flüssen achten. Tausende (ich übertreibe nicht) von Fischerbojen säumen die Küste, dazu kommen grosse Marine Farmen, Plattformen und ankernde Schiffe. Wir sind also immer am Aufpassen und Ausweichen. Dafür passt der Wind und die Strömung hilft mit. Für gutes Vorankommen benutzen wir oft unser Leichtwindsegel, den rotweissen Blister.

Willi versucht immer wieder zu angeln, hat aber nie etwas am Hacken. Ausser einmal; schon fast die ganze Angelschnur ist abgewickelt. Willi nimmt die Rute und kämpft beim Einziehen. Die Hälfte ist geschafft, als ein Fischerboot im Begriff ist, uns ganz nahe am Heck zu kreuzen. Da bleibt nichts anderes übrig, als die Schnur zu kappen. Sicherheit geht vor. Was am Hacken war, werden wir leider nie erfahren – wahrscheinlich Schwemmgut? 

Im nördlichen Teil der Adria ist auch die Küstenlinie sehr flach. Eine Feriensiedlung reiht sich an die andere, kilometerlange Sandstrände. Erst ab Rimini wird die Landschaft abwechslungsreicher. Sattes Grün leuchtet in der Sonne, auf den Hügel sind kleine Ortschaften verteilt, an der Küste liegen kleinere Badeorte. Ab Ancona ragen steile, bewachsene Klippen mit hellen Felsen aus der See empor. Eine dicht besiedelte liebliche Landschaft zieht an uns vorbei, im Hintergrund die hohen schneebedeckten Gipfel der Abruzzen. Das Wasser ist immer noch nicht blau. Das soll die Auswirkung der Unwetter sein, wird uns versichert aber vermutlich trägt auch die intensive Fischerei dazu bei. Die Sonne ist zurück und die See hat mittlerweile Badetemperatur. Es reizt uns aber nicht, in die trübe Brühe zu hüpfen.

Wasser in Nord-Adria nach Ravenna Hochwasser
Farbe des Meeres nach Hochwasser der Gegend um Ravenna

Zu dieser Jahreszeit ist es noch ruhig, nur wenige Touristen sind da. Einige Bars und Restaurants in den Badeorten sind noch geschlossen. Dort wo die Einheimischen wohnen, ist alles lebendig, wie in Italien üblich. Wir haben uns schnell an das gute Essen und an die italienische Mentalität gewöhnt. Mit den Arbeits- resp. Öffnungszeiten der Büros und Geschäfte müssen wir uns erst noch arrangieren. Morgens nicht vor Acht oder Neun, mittags ist Siesta, offen ist erst ab Vier Uhr wieder. In den Marinas kann man oft nach 17 od. 18 Uhr nicht mehr einlaufen. Wir mussten einige Male bei genügend Segelwind unter Motor fahren, um rechtzeitig anzukommen. Andere Länder andere Sitten – aber macht das nicht auch den Reiz einer Segelreise aus? 

Wir lassen es uns nicht nehmen uns die Umgebung und die Ortschaften anzusehen, an denen wir festmachen. Zu Fuss, mit dem Velo oder dem Bus. Wiederholt sind wir erstaunt was sich hinter den Badestränden verbirgt. Hübsche historische Altstädtchen, viele Kirchen und Burgen unterschiedlichster Bauepochen, Flusshäfen mit Muschelhütten, grüne Wiesen, Blumen und Wälder. Die Flamingos in den Salinen beim Po-Delta, der Flusshafen in Catollica mit den historischen Holzbooten, die Wassertöffrennen in Ancona, eine Stadt unter der Stadt in Osimo und und ……

Zu meinen Traumziel den Tremiti Inseln, 25 sm vom Festland entfernt, laufen wir am frühen Morgen aus. Traumhafter Segelwind, 7 kn Fahrt und die Adria wird blau. Mittags legen wir an einer Boje zwischen den Inseln San Domino und San Nicola an. Nach der Siesta hüpfen wir das erste Mal in diesem Jahr ins klare Wasser und schwimmen in der Strömung rund um unser Schiff, herrlich.

An der Boje vor S. Domino
An der Boje vor S. Domino

Wir treffen unsere Segelfreunde, die wir unterwegs kennengelernt haben, hier an der Boje wieder. Mit ihnen erklimmen wir die Festung und streifen durch die Gebäude. Im sanften Licht der Abendsonne wandern wir auf dem, mit Macchia bewachsenen Plateau, über die Insel. Grandiose Aussicht zu den anderen Inseln und hinaus ins offene Meer.

Den nächsten Tag verbringen wir mit faulenzen und schwimmen. Das heisst für Willi, mit dem Tauchgerät das Unterwasserschiff vom Bewuchs befreien. Am späteren Nachmittag, wenn die meisten Touristen ans Festland zurückfahren, erkunden wir gemeinsam mit dem Seglerpaar die Insel San Domino. Wir stapfen hinauf zur der kleinen Ortschaft ohne Namen und umrunden zu Fuss die Insel unterm Kieferdach und mit Blick zum Meer. Quatschen über dies und das und erfreuen uns am hier und jetzt.

Ein traumhafter Abstecher hinaus in die blaue Adria. Türkisblaues Wasser, eine imposante Klosterfestung, zerklüftete Klippen mit brütenden Möven, einsame Buchten und dichte Kieferwälder. Diese wunderschöne Inselgruppe ist ein beliebtes Touristenziel, jetzt während der Vorsaison ist es noch ruhig und beschaulich.

Mit achterlichem Wind in den Segeln kehren wir zum Festland zurück, nach Vieste, am Sporn des Stiefels.

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