Apulien: von Vieste nach Taranto

Bei angenehmen Segelwind verlassen wir die schönen Tremiti Inseln und legen Kurs zur Halbinsel Gargano, dem Sporn des Stiefels. Vieste ist unser erstes Ziel. Ein hübscher Ort, weisse Häuschen am Hang, engen Gassen, vielen Treppen und eine tolle mediterrane Atmosphäre. Wir fahren nahe der Küste entlang weiter, es ist beeindruckend. Mit Bäumen überwachsene Gebirgszüge, kleine Badeorte, weisse Kalksteinfelsen bis hinunter zum Meer.

Unzählige Grotten am Ufer, teilweise kann man mit dem Schlauchboot hineinfahren. Wir ankern an einem solch traumhaften Ort und geniessen das baden im Meer. Als nächstes legen wir im Stadthafen von Trani an. Hier sind wir mitten im Städtchen, die Hafenpromenade ist voller Menschen, die umherschlendern od. in einer der unzähligen Bars einen Aperitivo trinken. Musik schallt ins Hafenbecken hinunter. Wir gesellen uns einfach zu den Leuten in den Gassen.

Trani

Unserer nächster Stopp ist Bari. Wir fahren in den riesigen Handels- u. Fährhafen ein. Es sind fast 5 sm bis zu unserem Liegeplatz. Hier gibt es einfach alles; Werften, Strassen mit teuren Boutiquen, eine hübsche Altstadt mit kleinen Bars und Restaurants und historische Bauten. Von hier aus fahren wir mit dem Bus ins Hinterland, wo es ganz ungewöhnliche Wohnhäuser zu bewundern gibt. Trulli heißen die gemauerten Einzimmerhäuschen mit dem runden Giebeldach, die an die Häuschen der Schlümpfe erinnern. In dem einen Raum befindet sich Küche, Essraum und Schlafzimmer. Die Kinder schliefen oft unter dem Dach. Die besser gestellten Familien bauten einfach eines weiteres Haus an, wenn sie mehr Platz brauchten. In Alberobello besteht die ganze Altstadt aus solchen Häusern, selbst die Kirche. Bezaubernd.

Nach 3 Nächten zieht es uns wieder aufs Meer. Bei leichtem Wind gleiten wir über die See. Im Schutz der Hafenmauer eines Fischerdorfes fällt in der Abenddämmerung der Anker. Baden, statt duschen. An der apulischen Küste segeln wir südwärts. Eine kleine Delfinschule begleitet uns ein Stück. Fischbojen und Marine-Farmen werden seltener. Die See ist meist sauber, manchmal zieht leider ein Müllteppich an uns vorbei, schade. Unsere Etappen werden länger, ein Zwischenstopp in Brindisi an der kostenlosen Mole. Wir werden von einem Segler vor Schlauchboot-Dieben gewarnt. Wir packen es kurzerhand ein, brauchen es sowieso selten. Die Guardia Finanza kommt vorbei und will unsere Papiere sehen. Die freundlichen Beamten nehmen sie zum prüfen auf ihr Boot. In knapp einer Viertelstunde erhalten wir alles zurück, inklusive eines Formulars, das die Kontrolle bezeugt.

Wir haben eine lange Fahrt vor uns. Am Vormittag kommen wir bei bewölktem Himmel in der trüben, bleiernen See gut voran. Heftige Regenschauer und ein Gewitter mit Blitz und Donner zwingt uns, die Segel zu bergen. Willi steht in voller Regenbekleidung am Steuer. Bald ist der Spuck vorbei und wir können vor dem Wind und trocken zur Marina in Ortranto segeln.

Eine riesige Festung thront über dem Hafen, mittendrin eine belebte Altstadt mit schönen Kirchen, kleinen Läden, Gelaterias, Restaurants und vielen bummelnden Menschen in den Gassen. Wir fühlen uns wohl hier. Mit dem Bus fahren wir nach Lecce, durch Siedlungs-u. Kulturland. Ein  trauriger Anblick sind die grossen Landstriche mit verdorrten Olivenbäumen, verursacht durch das Bakterium Xylella . Manche Bäume treiben zaghaft wieder aus. Lecce ist eine wahre Schönheit, während wir durch die Gassen schlendern, können wir uns an den vielen Barockgebäuden mit den ausdrucksvollen, reich geschmückten Fassaden kaum satt sehen. Die plastischen Verzierungen aus Kalkstein schmücken viele Kirchen, Palazzi und die Stadttore.

Wir fahren der Küste entlang nach Santa Maria di Leuca, am Absatz ganz im Süden. Einmal mehr werden wir von Gewitterfronten verfolgt. Meist entladen sie sich noch über Land, wenn nicht, drehen wir bei und warten ab, bis es vorbei ist. In der kleinen Marina erwartet uns die Berliner Crew, die wir auf dem Weg nach Süditalien immer mal wieder getroffen haben. Zwischen Regen und Sonnenschein erkunden wir zu viert den von stattlichen Landvillen gesäumten Wallfahrtsort. Bestaunen die über eine gigantische Treppe erreichbare Wallfahrtskirche mit dem sagenhaften Rundblick auf die Adria und das ionische Meer. Wir verbringen einen gemütlichen Abend im Cockpit der Jua. Leider werden sich unsere Wege hier trennen, sie fahren nach Osten, wir nach Westen.

Es sind lange Schläge, es gibt fast keine geschützten Ankerbuchten und nur wenige Marinas. Der wenige Wind reicht grade zum segeln. Vor Gallipoli gibt es eine schöne Ankerbucht in türkisfarbenem Wasser. Wir sind alleine und geniessen den restlichen Tag und die Nacht am Anker. Heute ist Regen und starker böiger Wind angesagt, wir verholen ans Transitpier im Hafen von Gallipoli. Es ist auch wieder ein bezaubernder Ort zum verweilen und Ferien machen.

Am nächsten Tag können wir die 50 sm nach Taranto wunderbar mit dem Blister segeln. Segelnd laufen wir in den riesigen Handelshafen ein, vorbei an Frachtschiffen auf Rede, bis zur Marina bei der Altstadtinsel. Auch hier werden wir freundlich aufgenommen. Die Altstadt ist düster, heruntergekommen und baufällig, die Neustadt dagegen modern und schillernd. Trotz allem verströmt diese Stadt den typisch süditalienischen Charme.

Mit dem Bus fahren wir ins Landesinnere. Hügelige Landschaft, viel Kulturland, kleine Orte und Windparks ziehen an uns vorbei. In der «Felsenstadt» Matera steigen wir aus. Hier weist noch nichts auf die Höhlensiedlungen hin. Das hier ist so gewaltig, wir müssen uns irgendwie orientieren. Wir gönnen uns eine Stadtführung. Zu sechst folgen wir unserer englischsprachigen Führerin über die beiden Sassi- Hügel. Die Entstehung und die Geschichte dieser Stadt wird uns locker und spannend erzählt. Wir können eine Höhlenwohnung (Sassi) und die Höhlenkirche besichtigen. Auf der gegenüberliegenden Felswand entdecken wir viele natürliche u. künstliche Höhlenbehausungen. Leider kommen wir dort nicht ohne Auto hin. Die ganze Altstadt ist heute sehr gepflegt und natürlich von Touristen, wie uns, bevölkert. Es leben nur noch wenige Menschen hier, in den meisten Häusern sind Hotels, Restaurants oder Shops untergebracht oder stehen leer.

Charmante, historische Orte, viele Sehenswürdigkeiten, unterschiedlichste Landschaften, sauberes Meer und die kulinarischen Köstlichkeiten machen Apulien definitiv sehenswert. Wir könnten uns nur schwerlich für einen Favoriten in diesem Teil Italiens entscheiden.

Wir lösen die Leinen und segeln weiter entlang der Küste nach Kalabrien.

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