Wir verlassen Taranto und segeln bei 4-6 Bf quer über die grosse Bucht nach Kalabrien. Das Meer schimmert heute in bezaubernden Farben. Die Blautöne wechseln ständig, von navy-, azur- , türkis,- cyan-, saphir-, jade- bis sandfarbig. Hier macht sich die Tide wieder bemerkbar, wir laufen mit wenig Wasser unter dem Kiel in die Marina di Policoro ein und legen bei starkem Wind an. Guter Service, sehr gepflegte Anlage und Waschmaschinen, die sofort in Beschlag genommen werden. Wir sitzen in der Bar bei einem Caffè und müssen mitansehen, wie der Bug einer Jacht ein vertäutes Schiff rammt und beschädigt. Das missglücktes Anlegemanöver kümmert den angetrunkenen Skipper wenig, er feiert mit seinen Gästen. Sachen gibt’s. Am Abend sitzen wir im Cockpit einer österreichischen Najad und trinken Rosato. Wir plaudern über unsere Schiffe und unsere Reisen. Vielleicht treffen wir die Crew im Herbst irgendwo in Sizilien wieder.
Nach einem langen Schlag verbringen wir die nächste Nacht wieder einmal vor Anker. Wir geniessen den Sonnenuntergang und den Abend im Cockpit. Am frühen Morgen erwachen wir wegen starkem Brandgeruch – Abfallverbrennung? Während wir den Anker lichten erwacht die Sonne aus dem Meer. Unsere Lady läuft mit dem Blister wunderbar durch die blaue See. Entlang der bewaldeten Küste segeln wir fast die ganzen 35 sm bis nach Crotone.
In der kleinen Marina Autonautic Tricoli werden wir überaus freundlich mit einem Ciro Weisswein empfangen. Wir mieten ein Auto und gehen zuerst Einkaufen. Nach dem Verstauen unserer Lebensmittel wollen wir irgendwo essen gehen. Spontan werden wir von den Marina Mitarbeitern zu einem Glas Wein und einem Stück Pizza eingeladen. Es wird ein gemütlicher Abend im Hafen. Frühmorgens fahren wir in die Berge Kalabriens. Der «Parco Nationale della Sila» ist ein Juwel. Wir fahren über sanfte Hügel, immer höher in die Berge, wo man im Winter sogar Skifahren kann. Kilometerweit durch grüne Wälder, es blüht am Strassenrand in allen Farben, die Wiesen sind saftig grün und die Ortschaften werden seltener. Bei den «Giganti della Sila» angekommen, riecht es nach Wald, kein Lärm, nur Vogelgezwitscher, so schön. In diesem geschützten Naturpark stehen fast 400 Jahre alte, gewaltige Schwarzkiefern. Die grössten erreichen eine Höhe von über 40m und haben einen Durchmesser von fast 2m.
Es erinnert uns an die nordamerikanischen Wälder. Nie hätten wir so etwas in Süditalien erwartet. Nach einem schönen Aufenthalt wählen wir für die Rückfahrt kleinere Strassen. Endlos geht es rauf und runter, durch Wälder und Schluchten, an blauen Seen entlang bis die Landschaft sich wieder ändert. Die Strasse schlängelt sich bis hinunter zum Meer durch kleinere Ortschaften, Kulturland mit Weizenfeldern, Olivenbäumen und Rebstöcken. Wir sind heute über 200 km durch die bezaubernde Natur Kalabriens gefahren. Am Abend bummeln wir durch die Altstadt von Crotone und gönnen uns ein feines Nachtessen.
Bevor wir unsere Leinen lösen kaufen wir auf dem Markt die gesunden Lebensmittel ein. Es ist heiss, kaum Wind. Sobald sich die See kräuselt setzen wir die Segel, der Strom hilft zum Glück mit. Nach 22 sm lassen wir den Anker in der grossen Bucht bei Le Castella fallen, springen ins warme, klare Wasser und geniessen es. Es ist so schön hier, wir bleiben und verbringen den Tag mit faulenzen, lesen und schwimmen. Am Morgen stinkt es nach Kloake. Ein Blick ins Wasser bestätigt unsere Befürchtungen. Später schwimmt noch allerlei Abfall vorbei, obwohl wir uns hier in einem Meeresschutzgebiet befinden! Kein Morgenschwimmen, wir lichten trotz Flaute den Anker. Der Wind frischt schon bald auf. Wir queren die Bucht an der Sole des Stiefels auf Amwind-Kurs und segeln bei 4-5Bf durch die blaue See. Der Küste entlang müssten wir aufkreuzen, dazu reicht die Zeit nicht, um vor 20 Uhr in die Marina Porto delle Grazie in Roccella Ionica einzulaufen. Entlang der Küste befinden sich Dörfer und vereinzelt kleine Hotels. Vor allem kilometerlangen Sandstrände und sanfte grüne Hügelzüge im Hinterland prägen das Bild. Vor der Einfahrt in die Marina hat es eine Sandbank, die zu umfahren ist. Die Marina gibt uns per Funk klare Instruktionen und lotst uns zu unserem Jahres-Liegeplatz. Ein freundlicher Empfang, nette und hilfsbereite Mitarbeiter, wir fühlen uns auf anhieb wohl hier. Über eine Woche nehmen wir uns Zeit um in Ruhe die Gegend zu entdecken und das Schiff für den Sommeraufenthalt zu pflegen und fertig zu machen. Die Marina ist einfach, sauber und hat alles, was ein Segler so braucht. Sie ist schön gelegen und gut geschützt. Die fast menschenleeren Badestrände in Gehdistanz machen den Aufenthalt in der Marina auch im Sommer angenehm. Einzig die Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants sind etwas weit entfernt. Die typisch süditalienische Kleinstadt ist etwa 3 km entfernt. Dank unseren Klapprädern und dem Veloweg am Strand entlang, ist alles gut zu erreichen.
Anfangs Juli fahren wir über die Nacht mit dem Hochgeschwindigkeitszug Frecciarossa nach Milano. Nach einem kurzen Stadtbummel steigen wir am Nachmittag in den Schnellzug nach Hause.
Es war eine schöne, extrem abwechslungsreiche Reise, wir möchten keine Meile davon missen.
Von Kroatien der Küste Italiens entlang bis zum südlichsten Punkt des italienischen Festlands.
Wir waren fast 3 Monate unterwegs, haben 1227 sm zurückgelegt, 773 unter Segel und 454 mit Motor.
Haben Regen, Hagel, Sturm, Flaute und viele Sonnenstunden erlebt. Im Frühjahr war es ungewöhnlich kalt und nass, der Frühsommer brachte uns angenehme Temperaturen und auch einige Hitzetage.
Das Meer hat sich von allen Seiten gezeigt, mal spiegelglatt und wellig, trüb und klar, blau, türkis, braun und grün. Viel Schiffsverkehr im nördlichen Teil der Adria, im Süden oft keine Menschenseele auf dem Wasser. Delfine haben uns begleitet und wir sind vielen Fischerbojen ausgewichen.
In Italien waren sehr wenige Chartercrews unterwegs, dafür begegneten uns Segelwanderer wie wir und einheimische Skipper.
Wir haben viele Seglerbekanntschaften gemacht, sind hilfsbereiten, fröhlichen Menschen begegnet und haben viele schöne Augenblicke auf dem Schiff und an Land erlebt.
Auf den Landausflügen durften wir die unterschiedlichen Regionen in Kroatien und Italien kennenlernen und viele regionale Köstlichkeiten probieren.